Die Berliner Gesellschaft für Anthropologie, Ethnologie und Urgeschichte ist eine freie Vereinigung zur Förderung von Forschung und zur Verbreitung wissenschaftlicher Erkenntnisse über Ursprung, Entwicklung, Geschichte und Kultur der Menschheit.
Auf Initiative des Arztes und Anthropologen Rudolf Virchow wurde von mehreren Gelehrten unterschiedlicher Fachgebiete im Jahre 1869 die "Berliner Anthropologische Gesellschaft" ins Leben gerufen, aus der die Berliner Gesellschaft für Anthropologie, Ethnologie und Urgeschichte hervorgegangen ist. Sie sollte diese damals noch sehr jungen Zweige der Wissenschaft ins öffentliche Bewusstsein bringen und ihnen zugleich bei staatlichen Instanzen die gebührende Beachtung und Unterstützung verschaffen.
Bereits im Jahr ihrer Konstituierung gehörten der Gesellschaft eine Reihe von Persönlichkeiten aus dem wissenschaftlichen und öffentlichen Leben Berlins an, darunter der Mediziner Rudolf Virchow, der Ethnologe Adolf Bastian, der Historiker Leopold von Ledebur, der Geograph Heinrich Kiepert, der Botaniker Alexander Braun, der Geologe Heinrich Ernst Beyrich und der Bankier Gustav Henckel. In den nachfolgenden mehr als 140 Jahren kamen weitere namhafte Forscher und Gelehrte hinzu, die häufig auch durch ihre Mitwirkung im Vorstand die Geschicke der Gesellschaft prägten.
Seit der Gründung bis in heutige Zeit versammeln sich die Mitglieder monatlich zu einer ordentlichen Sitzung. Hier werden in Vorträgen über Forschungsreisen in alle Gegenden der Erde berichtet, die Ergebnisse von archäologischen Ausgrabungen vorgestellt und neue wissenschaftliche Erkenntnisse mitgeteilt und diskutiert.
Einige angesehene Fachzeitschriften wurden und werden von der Berliner Gesellschaft für Anthropologie, Ethnologie und Urgeschichte herausgegeben, vor allem die "Zeitschrift für Ethnologie", an der unsere Gesellschaft noch heute beteiligt ist. Ehe das beträchtliche Vermögen der Gesellschaft – aus namhaften Stiftungen so berühmter Persönlichkeiten wie Heinrich Schliemann hervorgegangen – der Inflation nach dem Ersten Weltkrieg zum Opfer fiel, konnte sie sogar Expeditionen und Ausgrabungen finanziell unterstützen.
Ein bedeutender Anteil an den Sammlungen dreier Berliner Museen - dem Ethnologischen Museum, dem Museum für Vor- und Frühgeschichte und dem Museum Europäischer Kulturen - ist der Tätigkeit von Mitgliedern der Gesellschaft zu verdanken. Gegenwärtig unterhält die Gesellschaft ein eigenes Archiv und betreut mit der anthropologischen Rudolf-Virchow-Sammlung eine wissenschaftliche Sammlung von internationalem Rang.
In den mehr als 150 Jahren ihres Bestehens und auch seit der Reaktivierung der Gesellschaft nach siebenjähriger kriegsbedingter Unterbrechung im Jahre 1951 hat sich sehr vieles gewandelt. Staatliche Forschungsinstitutionen und die Universitäten haben einen Teil der Aufgaben übernommen, die im 19. und frühen 20. Jahrhundert weite Tätigkeitsbereiche der Gesellschaft umfassten. Durch den wissenschaftlichen Fortschritt und damit verbunden die zunehmende Spezialisierung innerhalb der einzelnen Fächer sind die Gemeinsamkeiten der Wissenschaftsbereiche Anthropologie, Ethnologie und Urgeschichte im Bewusstsein der Forscher nicht mehr in dem Maße präsent wie noch vor einhundert Jahren. Hieraus erwachsen der Gesellschaft neue Aufgaben.
In den Sitzungen erhalten Wissenschaftler die Möglichkeit, Forschungsergebnisse aus den benachbarten Fachgebieten durch auswärtige und Berliner Wissenschaftler aus erster Hand vorgetragen zu bekommen und daraus Anregungen für die eigene Tätigkeit zu gewinnen. Studenten und interessierten Laien werden auf diese Weise vielseitige Erkenntnisse geboten, die in den jeweils an die Vorträge anschließenden öffentlichen Diskussionen noch vertieft werden können.
Weitere Veranstaltungen sind thematische Workshops und Führungen durch die zahlreichen Ausstellungen, die in Berlin und andernorts zu den Forschungsbereichen der Gesellschaft stattfinden. Diese werden von kompetenter Seite, meist von den Ausstellungskuratoren oder Projektverantwortlichen selbst, durchgeführt. Außerdem veranstaltet die Gesellschaft regelmäßig wissenschaftliche Foren zu aktuellen Forschungsthemen aus den von ihr vertretenen Wissenschaftsdisziplinen. Zu all diesen Veranstaltungen haben Mitglieder freien Eintritt.
Seit Bestehen der Gesellschaft treffen sich ihre Mitglieder jährlich zu einer gemeinsamen Exkursion, die an Orte im Berliner Umland führt, die von besonderem wissenschaftlichen Interesse sind. Dort werden sie von sachkundigen Mitgliedern oder den Fachleuten vor Ort geführt.
Mitglieder erhalten einmal im Jahr die "Mitteilungen der Berliner Gesellschaft für Anthropologie, Ethnologie und Urgeschichte", in denen die Vorträge und Referate der monatlichen Sitzungen, die Beiträge aus den Foren, die Geschäftsberichte sowie Informationen über die sonstigen Aktivitäten der Gesellschaft und ihrer Mitglieder veröffentlicht werden. Darüber hinaus ist die BGAEU an der Herausgabe der "Zeitschrift für Ethnologie" beteiligt.
Jährlich vergibt die Berliner Gesellschaft für Anthropologie, Ethnologie und Urgeschichte den Rudolf-Virchow-Förderpreis für hervorragende Magister- und Diplomarbeiten aus Berliner und Brandenburger Hochschulen mit Bezug zu den in der Gesellschaft vertretenen Fächern. Der Preis ist mit jeweils 500 € dotiert.